Ohne Schiris geht es nicht: Neue Serie von sportgasm
Dieter Böschen-Krause hat bereits 1889 Fußballspiele geleitet - Job an der Pfeife hat sich verändert
Ob Fußball, Handball oder Volleyball – ohne Schiedsrichter funktionieren die wenigsten Sportarten. Manchmal werden sie bejubelt, manchmal verflucht. Doch ohne die meist ehrenamtlich tätigen Regelhüter könnten viele Sportler am Spieltag zuhause bleiben. Sportgasm möchte den Schiedsrichtern der Region eine Serie widmen – und sie von ihren schönsten Erlebnissen, ihrer Liebe zum Sport und ihrer Motivation, Woche für Woche Spiele zu leiten, berichten lassen. Den Anfang macht der Nordenhamer Fußballschiedsrichter Dieter Böschen-Krause.
„An mein erstes Spiel erinnere ich mich noch sehr genau“, erzählt Dieter Böschen-Krause. „Das war im Jahr 1995. Das Spiel begann mit einer Roten Karte vor dem Anpfiff. Ein Spieler zeigte seinem Gegner den Stinkefinger – klare Rote Karte!“ Da das Spiel noch nicht begonnen hatte, sagt das Regelwerk, dass man den betroffenen Spieler ersetzen darf und somit trotzdem elf Mann auf den Platz schicken kann. Ein Fall, der in der Realität nicht besonders häufig vorkommt.
Besondere Auszeichnung für das 1800. Spiel
„Als absoluter Neuling musste ich da erst mal kurz überlegen, was nun zu tun ist. Die beiden Mannschaften haben direkt angefangen, zu diskutieren, ob der gesperrte Spieler nun ersetzt werden darf. Zum Glück habe ich damals richtig entschieden.“
24 Jahre später zählt der 59-Jährige genau 1889 Spiele als Schiedsrichter. Für sein 1800. Spiel erhielt er vor drei Jahren bei der Sportlerehrung der Stadt eine Medaille. Für ihn war das eine besondere Auszeichnung. Heute sei er immer noch mit großer Begeisterung dabei, auch wenn die Tätigkeit sich in den letzten Jahren enorm verändert habe.
Verwaltungsaufwand hat zugenommen
Besonders stößt dem gelernten Speditionskaufmann die große Verwaltungsarbeit auf. Da die Spielberichte mittlerweile online erstellt werden müssen, war er gezwungen, sich einen privaten Laptop anzuschaffen. „Nach den Spielen sitze ich ungefähr eine Stunde am Computer und trage alle Spielereignisse in ein Programm ein. Sämtliche Tore, Auswechselungen, Verwarnungen und sonstigen Spielereignisse muss ich genau dokumentieren.“
Dass Dieter Böschen-Krause nun schon so viel Spiele auf dem Buckel hat und mittlerweile jedem Nordenhamer Fußballfan ein Begriff sein dürfte, war ursprünglich gar nicht geplant. Eigentlich wollte er lieber Fußballtrainer werden. „Ich habe damals die C-Lizenz gemacht. Um Trainer zu werden, musste ich zwangsweise den Schiedsrichter-Schein mitmachen.“ Kurz danach wurde er gefragt, ob er nicht Spiele pfeifen möchte „Ich habe erst mal abgelehnt, aber meine Hilfe angeboten, falls mal jemand ausfällt. Das war der große Fehler“, sagt der 59-Jährige mit einem Schmunzeln.
Rückblick auf viele schöne Momente
So groß kann der Fehler nicht gewesen sein, denn Dieter Böschen-Krause blickt auch auf einige schöne Momente zurück. An einen erinnert er sich besonders gerne: Vor einigen Jahren erhielt er kurzfristig einen Anruf, da die angesetzten Schiedsrichter bei einem Spiel des 1. FC Nordenhams aufgrund einer Autopanne verhindert waren. „Ich habe daraufhin zugesagt und sollte das Spiel mit zwei Assistenten pfeifen. Darauf habe ich dann aber verzichtet, weil ich das nicht gewohnt war. Nach dem Spiel kamen beide Mannschaften auf mich zu und bedankten sich für meine gute Leistung. Darüber habe ich mich sehr gefreut.“
Dennoch merkt Böschen-Krause, dass der Ton im Laufe der Zeit rauer geworden ist. Die Entwicklungen im Hinblick auf den deutschlandweit diskutierten Fall eines Spielers, der einen Schiedsrichter mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte, nimmt Dieter Böschen-Krause mit Sorge zur Kenntnis.
Mitspieler verhindern körperlichen Angriff
Auch er habe schon einige negative Erfahrungen gemacht: „Nach vier von fünf Spielen gehe ich nach Hause und alles ist gut. Aber bei dem einen Spiel sitze ich dann zuhause und habe keine Lust mehr.“ Vor einigen Jahren wollte ein Spieler ihn körperlich angehen, was dessen Mitspieler dann aber verhindert hatten. Damals brach er das Spiel ab, weil er sich nicht mehr sicher fühlte.
Gefühlt meinen alle, die Regeln besser zu kennen als ich. Man wird immer weniger ernst genommen.
Dieter Böschen-Krause, Schiedsrichter
Zwar habe er danach keine weiteren Erfahrungen mit körperlicher Gewalt gemacht, empfindet den Umgang miteinander aber als respektloser, als zu seiner Anfangszeit: „Die Ausdrucksweise nervt mich enorm. Gefühlt meinen alle, die Regeln besser zu kennen als ich. Man wird immer weniger ernst genommen.“ Dennoch möchte der gebürtige Nordenhamer gerne weitermachen und denkt nicht daran aufzugeben. Die Begründung: „Ich bin einfach fußballverrückt.“ (Bericht von Ole Plugge)
- In loser Reihenfolge möchten wir Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter in verschiedenen Sportarten vorstellen. Sie haben eine Idee, wer gut in die Serie passen würde? Dann schicken Sie uns bitte eine E-Mail an: info@sportgasm.de